Ausstellung "Was bleibt - bleibt was
25 Jahre Weltkulturerbetitel für Bamberg"
Stadtgalerie Villa Dessauer, Bamberg
14.4.2018 - 27.5.2018

Ausstellung 25 Jahre Weltkulturerbe Bamberg
Eine Kunstausstellung zum 25. Jubiläum des Weltkulturerbetitels für Bamberg

Gelingt es uns heute, einen Beitrag zum Kulturerbe der Zukunft zu leisten? Hat das, was wir hinterlassen einen Wert für unsere Nachkommen? Im Rahmen des 25jährigen Jubiläums der Verleihung des Weltkulturerbetitels an die Bamberger Altstadt stellt der Berufsverband Bildender Künstler/innen Oberfranken e.V. diese Fragen in seiner Ausstellung.

22 Künstlerinnen und Künstler aus ganz Oberfranken beschäftigen sich in Werkserien unterschiedlicher Techniken mit dem Wert der Kunst für die Gesellschaft und mit dem Werden und Vergehen. Auch die Produktion neuer Kunstwerke aus Hinterlassenem und Abgelegtem wird in den gezeigten Arbeiten thematisiert.

Als Gastbeitrag zeigt die Städtische Galerie der Bamberger Partnerstadt Villach einen Film von Peter Putz über das Paradies des Künstlers Cornelius Kolig. Ein ummauertes Areal im Kärntner Gailtal, in dem Kolig viele seiner oft kontrovers diskutierten Installationen präsentiert. Seine Kunst wurde von rechten Kreisen Österreichs immer wieder angefeindet.
Den Kärntner Staatspreis nahm er mit einer speziell konstruierten Zange aus den Händen des damaligen Landeshauptmanns Jörg Haider entgegen, um den direkten Körperkontakt mit ihm zu vermeiden.

Flyer

Die ausstellenden Künstlerinnen und Künstler

Kerstin Amend-Pohlig

Kerstin Amend-Pohlig
Angedockt Eingeloggt, Skulptur auf Standobjekt, 2017

Alles hat seinen Anfang. Vor dem 11. Jahrhundert wurde im alten China fleißig mit Gletscherschnee, Honig und Rosenwasser experimentiert. Heraus kam das erste Wassereis. Dieses leckere Kulturgut konnte sich vorerst nicht global verbreiten, denn das Wissen um die Formel der Mixtur ging mit dem Römischen Reich unter. Erst ein paar Jahrhunderte später landete die Rezeptur auf europäischem Boden.
Wir leben jetzt in einer Zeit, in der Cloud und Co. kein Wissen ungespeichert lassen. Die technologische Mixtur aus Digitalisierung, Automation und Robotik bietet große Chancen für die Bewahrung des Kulturguts. Diese stellt uns aber ebenso vor immense Herausforderungen – und das in ungebremster Geschwindigkeit.
Die Eingeloggt und angedockt schwingt sich ein in dieses Bewusstsein. Wichtiger Inhaltsstoff und Entwicklungsfaktor der Gruppe ist die Skulptur Der Deuter. Ihre Strukturen setzen sich fort in der Gruppe, finden ihren Weg. Sie vermischen sich gleich einerüberlieferung in einer sich ständig entwickelnden Masse – geimpft mit Themen und Geschehnissen, die uns alle betreffen. Diese Ansammlung hinterlässt ihre Spuren wie Erbfaktoren. Schwer und leicht zugleich mündet Entwicklungsstufe in Entwicklungsstufe.
Bei genauer Betrachtung hat die Gruppe auch viel mit chinesischem Wassereis zu tun, das nicht verloren geht. Der Skulptur auf Standobjekt aus Gips, Zement, Eisen und Acryl werden während der Entwicklungsphase fotografisch Fragmente entnommen. Mit digitalem Handwerk unter Zusatz weiterer fotografischer Elemente entstehen vielschichtige Grafiken. In Objektgehäuse eingelassen werden sie zu Wand- und Bodenobjekten.


Walli Bauer

Walli Bauer
Tanz-Theater, Holzschnitte im Hochdruck, 2018

Was bleibt? Bleibt was? Ist Kultur das, was bleibt? Entfalten die kulturellen Leistungen der Gegenwart Wirkung in der Zukunft? Gelingt es uns, Kulturerbe für unsere Nachkommen zu schaffen? Kultur verbindet grenzüberschreitend, schafft Verständigung. Vieles von dem Erleben, das uns umgibt, wird vergessen oder verblasst. Die Erinnerung an erlebte Kultur ist das, was bleibt. Bei der Auseinandersetzung mit diesem Thema bin ich auf das Theater bzw. das Tanz-Theater gestoßen. Mich faszinieren die Grenzen, die dort ertastet werden. Wie der Spielende bzw. Tanzende Teil der Geschichte wird. Das Tanz-Theater stellt kulturhistorisch eine elementare kulturelle Errungenschaft des Menschen dar. Hier werden emotionale und unmittelbare Energien des Menschen frei und lassen ihn in Schichten der menschlichen Existenz vordringen, die ansonsten nur schwer erreichbar sind. Kulturübergreifend und aus unterschiedlichen Zeitepochen sind Tanz und Theater im menschlichen Dasein verankert. Sie sind gemeinsames Erbe der Menschheit. Bei der Erstellung der Holzschnitte darf ich in die faszinierende und berührende Welt des Körperausdrucks und der Töne abtauchen. Der dadurch vermittelte Blick ist fragmentarisch und stellt eine Momentaufnahme der Situation dar.

Werkgruppe: Projektionen

Mathias Börner

Mathias Börner
Zwei Malereien

Durch gemalte Projektionen auf informellen Gemälden (Acryl) nehmen Bamberger Ansichten "Wohnung" in ungegenständlichen Bildräumen. Es entsteht ein Dialog zwischen Motiv und abstrakter Malerei bzw. Tradition und Moderne. Der Strom der Zeit durchflutet die scheinbar still stehende Architektur. Brüche und Verwerfungen schieben sich zwischen das Gefüge der Postkartenansichten, lassen neue, unvorhergesehene Ereignisse aufscheinen.


Harald Burger

Harald Burger
Installation Sweet Home III, 2018

"Sweet Home" ist für mich Synonym einer trügerischen Idylle, der vergeblichen Sehnsucht nach Beständigkeit und Sicherheit. In meinen Installationen (und Malereien) ist eine Thematik die Polarität aller Dinge, es gibt keine eindeutige Antwort, alles ist im Fluss, nichts bleibt. Im Vergänglichen manifestieren sich gleichermaßen Ansätze von Mystik wie Ästhetik. In diesem Spannungsfeld entstehen meine Arbeiten, Gemälde wie Installationen. Inspiriert fühle ich mich auch durch das japanische Ästhetik-Konzept Wabi-Sabi. Die verwendete Fränkische Schafswolle: ein Symbol für grundlegende und existenzielle Bedürfnisse aller Menschen. Ein großer alter Bauernhof, seit drei Generationen im Familienbesitz, wird aufgegeben. Da die Gründe der Veräußerung sehr emotional sind, wird eine Firma beauftragt, das Restinventar und die Dachböden zu entrümpeln bzw. zu entsorgen. Durch die Globalisierung scheint nichts mehr sicher zu sein, und in einer Teufelskreisspirale sind wir scheinbar hilflos jeder Beschleunigung ausgeliefert. In meiner Installation habe ich 7x7=49 Gegenstände bzw. Gruppen aus dieser Quelle vor der Zerstörung entnommen, die für die ehemaligen Bewohner so wichtig, nützlich, brauchbar und wertvoll erschienen, um aufgehoben zu werden, aber jetzt "überflüssig" sind und achtlos weg geworfen werden sollen. Sind sie nun nur durch die Zeit Müll geworden – oder haben sie uns in ihrer Unvollkommenheit noch etwas zu sagen? Schützt sie die Bedeutung der Kunst? Auf 7x7=49 MDF-Platten werden die ausgewählten Gegenstände positioniert und auf fränkischer Schafswolle gebettet bzw. ausgelegt. Kann das entstehende Spannungsfeld zu einer Reflektion der menschlichen Abhängigkeiten und Illusionen anregen und den Blick schärfen für im ersten Moment alte, nutzlose, unscheinbare, hässliche und einfache Dinge? Halten wir einen Moment inne oder gehen wir achtlos weiter? Erkennen wir vielleicht sogar Ästhetik? Was bleibt von unserer Generation? Besitzen wirüberhaupt die Anlagen oder die Fähigkeit, uns zur sozialen Plastik zu entwickeln? Was bleibt von der Menschheit? Bleibt was?


Serie Sightseeing Bamberg

Reinhard Feldrapp

Reinhard Feldrapp
Sightseeing Bamberg. Reiter im Dom, Fotografie/Pigmentprints, 2008 – 2018

Sightseeing Bamberg ist eine fotografische Serie, ein street-photography-Projekt, welches seit mehreren Jahren vom Fotografen Reinhard Feldrapp bearbeitet wird. Die Bilder zeigen Touristen bei ihren Bamberg-Besuchen, bei Führungen und Besichtigungen der Attraktionen. Feldrapps Bildstil ist in die Disziplin der klassischen Straßenfotografie einzuordnen, deren Bildinhalte als fotografisches storytelling ohne viele Worte auskommen. In jedem Fall wird in der Fotoserie die Bewunderung des Weltkulturerbes durch internationale Besucher reflektiert. Akzente setzen die Stilformen der Protagonisten und der betrachteten Objekte, deren Moden bis zu 800 Jahre auseinander liegen. Sie bilden ein Gleichgewicht von Objekt und Personen. Die Bilder sind selbsterklärend, wie es bei guter Fotografie sein sollte, und sie sind eine Beobachtung des gegenwärtigen Städtetourismus in der Weltkulturerbe-Stadt Bamberg. Die Bildsprache ist auch durch die Verwendung des immer gleichen Objektivs mit Brennweite 35 mm an der Leica M Kamera vereinheitlicht.


Verletzungen der Seele und Psyche - Was bleibt? Bleibt was?

Angelika Gigauri

Angelika Gigauri
Hexenverbrennung, 2018

Auch seelische und psychische Verletzungen können ein Erbe darstellen. Wie gehen wir damit um, gibt es Lösungen, können Wunden heilen? Mit meinen Zeichnungen möchte ich einige Situationen darstellen, auf sie aufmerksam machen und somit ins Bewusstsein holen. Da der Titel der Ausstellung einen Bezug zur Stadt Bamberg aufzeigt, beziehen sich zwei Arbeiten inhaltlich direkt auf Bamberg (Hexenverbrennung und der Himmelsgarten). Da Bamberg wiederum einen starken Bezug zur katholischen Kirche hat, schließen sich hierzu einige Themen an, aber auch zur Kirche allgemein. Natürlich können Verletzungen auch auf anderen Ebenen entstehen; den Schwerpunkt bildet hier das Thema Kirche. 1) Hexenverbrennung: Vor ca. 400 Jahren wurde von den etwa 8000 – 10 000 Einwohnern Bambergs zehn Prozent als Hexe oder Magier verbrannt. 2) Zur gleichen Zeit entstand am Michelsberg das Deckengewölbe Pflanzen im Himmelsgarten. Während jeder zehnte Bamberger grausam gefoltert und ermordet wird, stellt ein unbekannter Maler jede Pflanze als individuelles Objekt in ihrer Schönheit und Reinheit dar. 3) Missbrauch unter dem Deckmantel der Kirche 4) Missbrauch und das heilige Sakrament 5) Missbrauchs-Glöckchen 6) Inquisition heute 7) Lügen, Verletzungen, Beleidigungen hinter unserem Rücken können schwere Traumata hervorrufen. 8) Gedanken, Licht – das Lügengebäude zerbricht. 9) Die Gemeinschaft ohne Ich, ein Ich erwacht. 1o) Die alte Macht (Kirche) – die neue Kraft (die Individuen). 11) Kirchen-Austritt 12) Wund-Heilung VERWANDLUNG. EINE VISION – EINE ICH-KRAFT ENTWICKELT SICH 1) Rechtswidrige Symbiose? 2) Etwas Neues entsteht langsam durch zwei Kreisformen. 3) Die Kreisformen erweitern sich. 4) Das Neue wird größer und weiter. 5) Das Neue zentriert sich, das Alte ist Vergangenheit. SPIEGELWüRFEL (Objekte) 1) Black Box des Unbewussten 2) Erkenne dich selbst.


Friedemann Gottschald

Friedemann Gottschald
Folge von neun Arbeiten aus der Serie: Köpfe geerdet, Mischtechnik, 2017

Die Rohmaterialien zu den Arbeiten entstammen dem unmittelbaren Umfeld. Abfallpapiere aus dem Atelier, ob vom Fußboden, wo sich Farbe ansammelt und zu Schichten und Strukturen aufbaut, ob Bögen, auf denen Pinsel ausgestrichen werden oder solche, auf denen Asphaltlack abgewaschen wird und die an Monotypien erinnern – stets sind diese Grundlage der Bildwerdung. Der Gestaltungsakt beginnt mit dem Suchen bildwichtiger Partien. Eine oft abenteuerliche Entdeckungsreise, denn wie findet man auf zig Quadratmetern farbbekleckerten Papiers den Klecks, der zum Auge mutieren kann? Minimale Eingriffe und Schnitte ergeben so Neues. Die Konstante in dieser Bildfolge bildet das Material Papier. Es trägt die Grundlage und das Potential, das in seiner Qualität, seiner Form und seinem Zustand unerschöpflich ist. Mit der Reduktion der hier vorliegenden Kopf-Formen erfolgt zugleich eine vielschichtige und bildhafte Ausrichtung des Verfalls und der Auflösung. Was bleibt, wird somit in den Arbeiten stets in Frage gestellt. Die zeichnerische Auseinandersetzung mit dem Thema Verfall führt zur Beschäftigung mit der Collage. Mit einer Folgerichtigkeit gibt es eine Affinität dieser Technik zum nature morte. "Tote", vorgefundene Malunterlagen, Papiere jeglicher Art und Qualität mit jahrelangen Farbspuren versehen – Abfälle – erfahren Verfremdungen und neue Sinnzusammenhänge.


Christine Gruber

Christine Gruber
Der kleine Häwelmann, 2018

Theodor Storms kleiner Häwelmann will "mehr, mehr! Mach mir die Tür auf! Ich will durch die Stadt fahren; alle Menschen sollen mich fahren sehen" und fährt in seinem Rollenbett, das Nachthemd zum Segel gespannt, auf einem Mondstrahl durch das Schlüsselloch hinaus. Der Häwelmann hat sich, klein und eigen, in mein Bild geschlichen und fährtüber eine lichtrote Stadt. Die Farbe Rot ist die Farbe Bambergs.
Es sind die Geschichten, die wir ererben und vererben, so gut wir können. Das Zwingende (ein Kulturerbe) kann man nicht erzwingen, aber man kann wach bleiben, dann ereignen sich Dinge, die man nicht verstehen muss.


Adelbert Heil

Adelbert Heil
Ecclesia lactans

Gerd Kanz

Gerd Kanz
Stadtarchiv I - VI

Das Stadtarchiv ist eine Sammlung, Archivierung und Dokumentation städtebaulich relevanter Objekte.


Lucie Kazda

Walli Bauer
Identität Jenseits und Diesseits Lichtung Baum

Identität: In meinem ersten Bild steht der Mensch mit seiner Identität als denkendes und schöpferisches Wesen. Einerseits bedeutet Identität die Gleichartigkeit verglichener Objekte (Das ist identisch zu jenem) und andererseits beschreibt der Begriff die Einzigartigkeit jeder Persönlichkeit als das, was einen Menschen ausmacht (Meine Identität). Identität sehe ich als den Zustand, dass jemand oder etwas mit sich selbst eins ist: Jedes Lebewesen ist einzigartig und hat seine eigene Identität. Jenseits und Diesseits: Jenseits und Diesseits sind die zwei Seiten unserer Wirklichkeit. Alles beginnt und alles endet. Der schwarzweiße Strich löst eine Vorahnung aus... . Jedes Individuum darf selbst angesichts seines eigenen Todes die Entscheidung treffen, ob dieser der Anfang oder das Ende von etwas ist. Dazu hat jede Kultur ihre eigenen Regeln, die akzeptiert sind oder akzeptiert werden müssen: Schwarz und Weiß haben zum Beispiel in unserer Kultur eine andere Bedeutung als in Asien. Lichtung: Eine Lichtung ist künstlich oder natürlich entstanden. Auf ihr entsteht anderes oder neues Leben, oder sie wuchert wieder zu und wird zum Wald; der Kreis schließt sich, ihr "Erbe" wird unsichtbar. Baum: Der Baum als Symbol für das Leben oder auch als Symbol für die Unsterblichkeit oder auch als Symbol für die Sterblichkeit – ein vertrockneter Baum... In allen vier Bildern geht es um unser Erbe, welches wir unseren Nachkommen hinterlassen. Es ist unser Fußabdruck, der entweder Hoffnung oder Hoffnungslosigkeit hinterlässt. Die Entscheidung liegt bei uns.


Alexandre Madureira

Alexandre Madureira
Stammtisch, 2018

Mein Werk bedient sich vor allem dreier Konzepte: 1. Der pyramidalen Komposition der Renaissance 2. Des Porträts als Medium des gesellschaftlichen Status 3. Und des Lächelns der Mona Lisa von Leonardo da Vinci Stammtisch ist ein Bild, welches die Ideen von Zeit, Ort und Kultur gleichermaßen in dokumentarisches Objekt – ein Artefakt und zugleich ein informierender und emotional mitfühlender Erzähler. Ein Stammtisch beschreibt einerseits den meist runden Tisch im Lokal, sowie andererseits eine Gruppe von mehreren Personen, die regelmäßig dort zusammenkommen, um sich auszutauschen. Das Unvorhergesehene und Spontane im Regelmäßigen, die Rivalität und Oberflächlichkeit und die Tiefgründigkeit werden sichtbar, aus denen sich ein ganz einzigartiger Moment herausbildet. Schneewittchen und die sieben Zwerge ist eine Art emotionale Falle. Als ein uns vertrautes und populäres Motiv transportiert es einen individuellen und intimen Moment unserer Kindheit. Der kann zum Zündstoff eines Dialogs zwischen dem Werk und dem Betrachter werden. Hier vereint ein Porträt das Vergangene, das Gegenwärtige und das Zukünftige in der Spontaneität des einen Augenblicks.


Wolfgang Müller

Wolfgang Müller
Kunstgeschichten

Es ist nicht Aufgabe der Kunst, Geschichte zu werden, ihre Aufgabe ist es, Geschichten zu werden. Immer entsteht die Kunst aufs Neue, in den Augen der Betrachter. So lange es Betrachter gibt für ein Kunstwerk, bleibt es.

Stephan Pfeiffer

Stephan Pfeiffer
Setzkasten, 2018 - Neuigkeiten, 2018

Ist es ein Geräusch, das vom Lärm der Zeit rein ist und alle und allesüberdauert? Vielleicht das Rauschen des Windes in einem Birkenwäldchen? Bleiben die Bilder von duftig ziehenden Wolken und anbrandend vorüberrollenden Wellen im verblassenden Tageslicht? Bestimmt sind es die flüchtigen Gedanken, die bleiben: an manche Durststrecke, an die Zukunft, an glühende Landschaften und fruchtbare Momente.


Goda Plaum

Goda Plaum
TB AR, 2017 TB AM, 2017 TB AL,2018

Die Werke der Reihe TB von Goda Plaum sind sämtlich genähte Bilder. Die Künstlerin näht unterschiedliche farbige Stoffe und Ausschnitte aus farbig bedruckten Plastiktüten mit der Nähmaschine wie ein Patchwork aneinander. Die Kombination aus den farbigen Flächen und den auf die Tüte gedruckten Formen ergibt eine neue Komposition, die entfernt an einen Raum erinnern lässt. Die so entstandenen Bildflächen werden ganz traditionell auf einen Keilrahmen aufgespannt. Die Plastiktüte als Material stellt dabei einen hohen Kontrast zu textilen Stoffen her. Während Textilien – besonders Leinen und Baumwolle, die meist als Malgrund verwendet werden – schon seit Jahrhunderten oder Jahrtausenden in unserer Kultur als Material verwendet werden, ist die Plastiktüte erst ca. 55 Jahre alt. Dennoch ist die Plastiktüte, besonders die bedruckte, aus unserem Alltag heute nicht mehr wegzudenken. Sie fungiert einerseits als Werbefläche und dient uns – je nach Marke – sogar als Prestigeobjekt, durch das wir zeigen können, welche angesehenen Markenprodukte wir kaufen. Andererseits hat die Plastiktüte eine völlig banale Funktion als Tragetasche und wird für die unterschiedlichsten Zwecke wiederverwendet. Die Farb- und Formkombinationen bestimmter Marken sind uns so vertraut, dass wir sie auch erkennen, wenn sie aus dem Zusammenhang gerissen sind. So werden unsere Sehgewohnheiten massiv durch die bedruckten Tüten geprägt, die jeden Tag in der ganzen Stadt herumgetragen werden. Die "Tütenbilder" von Goda Plaum spielen mit diesem Wiedererkennungswert und brechen ihn auf. Gleichzeitig reflektieren die Bilder die Plastiktüte als einüberaus zweischneidiges Kulturgut unserer Zeit. Die Tüte kann einerseits als Symbol für den wirtschaftlichen Aufschwung nach dem 2. Weltkrieg und damit für unsere wirtschaftlich erfolgreiche Gesellschaft gesehen werden. Andererseits steht sie wegen ihrer schlechten Umweltbilanz aber auch für einen gedankenlosen und global verantwortungslosen Konsum. Jede Plastiktüte braucht ca. 450 Jahre, bis sie komplett biologisch abgebaut ist. Wir "vererben" unsere Plastiktüten also an ca. 5 Generationen weiter. Daher hat der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels eine Selbstverpflichtung abgegeben, ab Juli 2016 die Plastiktüte nicht mehr kostenlos, sondern nur noch gegen eine Gebühr abzugeben. Insofern ist das Material Plastiktüte bereits jetzt ein "Kulturerbe" – und zwar sowohl im positiven wie auch im negativen Sinne.

Margit Rehner

Margit Rehner
Relikte IV, 2018

Dem Thema der Ausstellung was bleibt? bleibt was? nähert sich Margit Rehner durch die Fragestellung, wodurch etwas für die Gesellschaft oder den Einzelnen von Interesse ist und sich auszeichnet. Hierfür in Frage kommende Kriterien sind: Schönheit, Geschichte, Einzigartigkeit, Mythos und Geheimnis. Die beiden zuletzt genannten Aspekte sind Themenschwerpunkt der gezeigten Arbeiten, versinnbildlicht durch das Spektrum dunkler Farben, rätselhafter Zeichen und Spuren.


Ulla Reiter

Ulla Reiter
Wooden Ghosts/Durch das Nichts

Die Werkserie, bestehend aus Ton-, bzw. Gipsmodellenüber Fundhölzern, stellt für die Bildhauerin Ulla Reiter einen Neuversuch dar. Abgeworfene, abgebrochene Äste wurden hierfür im Wald gesammelt. Die Biegungen der Hölzer geben den Impuls zu Gestaltungen, die an alte, in der Kultur verankerte Vorstellungen von Waldgeistern, Bodenschätzen, Halluzinationen oder Albträumen erinnern. Jeder Arbeit geht eine Zeichnung voran. Während der Trocknung reißen die Modelle auf, Sprünge ziehen sich querüber die Figuren und versinnbildlichen so die Fragilität der Modelle. Was hält, was blättert ab? Die Werke, die gerade zu einer großen Serie heranwachsen, werden demnächst abgeformt und gegossen.


Veronika Riedl

Veronika Riedl
Fundstücke

Während meiner Suche nach Spuren dessen, was bleibt und was vergeht, entdecke ich in der Natur eine spezielle Ästhetik. Dieüberreste verwester Tiere, wenn das Organische verschwunden ist,üben einen besonderen Reiz auf mich aus. Am längsten bleiben die Knochen und Schädel erhalten, sie sind meine Fundstücke. Das Morbide des vergangenen Lebens transportiere ich formal in die plastische Darstellung gegenwärtiger Objekte. Dabei empfinde ich das Material Porzellan als ideal, es verkörpert Weichheit und Plastizität, ebenso wie Härte und Dauerhaftigkeit. Nicht die Nachbildung der Realität treibt mich an, sondern die Erfassung der Schönheit und Reinheit dessen, was bleibt. Zerbrechlichkeit und Zartheit strahlt aus dem hochgebrannten Werkstoff und macht Lust, das Objekt zu berühren und zum Klingen zu bringen. Unser lineares Zeitverständnis zwingt uns zur Auseinandersetzung mit der Vergangenheit. Die Frage nach dem, was bleibt, provoziert den Forschergeist und jeder Einzelne stößt unweigerlich auf Antworten, die unterschiedliche Emotionen auslösen. Bei meiner Arbeit Fundstücke handelt es sich um ein Sammelsurium von Einzelteilen in einer Kiste, das den Betrachter auf die Antwort bringen kann: Das bleibt.


Waltraud Scheidel

Waltraud Scheidel
Aus der Werkgruppe Kontrast, 2018

"WAS BLEIBT?" Was bleibt im Leben? Es bleibt der ewige Gegensatz von Gut und Böse, von Krieg und Frieden. Diese elementaren Begleiter bestimmen sowohl die Vergangenheit, die Gegenwart, sowie die Zukunft der Menschen. In meiner Werkgruppe Kontrast ist der Gegensatz das wichtigste Gestaltungselement und unverzichtbare Bildsprache. Die Auslotung dieses Themas wird mit grafischen Mitteln (Monotypien auf Chinapapier) in vielfältigen Darstellungen zum Ausdruck gebracht. Schwarz steht gegen Weiß Linie gegen Fläche. Geschwungen und weich gegen spitz und hart rund gegen eckig stark gegen zart und geometrisch gegen amorph. "BLEIBT WAS?" Ja – es bleibt was, wenn Künstlerinnen und Künstler stetig daran arbeiten, ihren eigenen Weg zu gehen. Die Frage ist: "Ob diese Welt in irgendeiner Zukunft die Bilder dieser Künstlerinnen und Künstler bemerken wird?" Deshalb sollte der zeitgenössischen Kunst in angemessener Weise mehr Raum zur Verfügung gestellt werden. Zielsetzung wäre eine häufigere Präsentation von Werken und öffentliche Ankäufe, die das zeitgenössische Kunstgeschehen der Weltkulturerbe-Stadt Bamberg dokumentieren – dann "BLEIBT WAS!".


Gerhard Schlötzer

Gerhard Schlötzer
Bamberg – Zeitschichten im öffentlichen Raum

Gerhard Schlötzer zeigt einen kleinen Ausschnitt von 14 Bildern aus dem Fotoprojekt Bamberg – Zeitschichten im öffentlichen Raum. Dieses Projekt ist mit öffentlicher und privater Unterstützung hauptsächlich in den Jahren 2012 bis 2014 entstanden. Insgesamt wurden 220 Fotografien aus einer größeren Anzahl von Negativen der Größe 20 x 25 cm ausgewählt und auf lange haltbares Barytpapier vergrößert. Ein vollkommen handwerklicher Prozesse von Anfang bis Ende ohne Computer dazwischen. Die Fotos zeigenüberwiegend Zonen der Stadt, die normalerweise nicht für bildwürdig erachtet werden, oft zusammen mit solchen, die Teil des etablierten, geachteten und geschützten Bambergbildes sind. In der Ausstellung sind Bilder zu sehen, die Phänomene zeigen, die in absehbarer Zeit nicht mehr in dieser Form, nicht mehr in diesem Ausmaß oder gar nicht mehr existieren werden. Manche, wie die Ehrenwand für die in den gegenwärtigen kriegerischen Konflikten dieser Welt gefallenen amerikanischen Soldaten, die auf Bamberg als ehemalige Garnisonsstadt verweist, sind schon verschwunden. Das Kesselhaus wird uns hoffentlich als Kunsthalle erhalten bleiben, aber was geschieht mit der Villensiedlung am Abtsberg darüber? Dort wächst in den ehemaligen Gärten ein steriler Reichenbunker nach dem anderen, die Struktur des Viertels verändert sich. Wie lange gelingt es noch der Gemeine St. Gangolf und den beiden Gärtnervereinen, die kleine Fronleichnamsprozession auszurichten? Noch 250 Jahre? Vor 250 Jahren sagte Voltaire: "in 500 Jahren gibt es keine Götter mehr". Wenn er recht hatte, haben wir jetzt Halbzeit. Gibt es dann noch Gärtner? Ein Bild zeigt den Abhang des Michelsbergs zur Sandstraße, während gerade die Lücke der Straßenfront mit einer Eigentumswohnanlage geschlossen wird. Dort befand sich bis in die 60er Jahre ein Biergarten und im späten 18. Jh. der Privatgarten des letzten Bamberger Fürstbischofs. Der ältere polnische Herr in der Moosstraße, der noch 2013 den gesammelten Sperrmüll bewachte, während seine Kollegen neuen sammelten, ist seit der Abschaffung der festen Sperrmüllzeiten in Bamberg genauso Geschichte geworden.


Michaela Schwarzmann

Michaela Schwarzmann
Dia-Abend mit Kunigunde, Lichtmalerei

1993 wird die Bamberger Altstadt von der UNESCO als Weltkulturerbe ausgezeichnet. 
Es ist gleichzeitig die Hochzeit der Diaprojektionen – sowohl privat als auch in Institutionen, Universitäten, in der Kunstgeschichte, in Archiven, bei Vorträgen, Reiseberichten… . 
Mittlerweile hat die Digitalisierung und der Einsatz von Beamern die Diaschau überflüssig werden lassen. Mit meiner Arbeit möchte ich noch einmal auf diese Art der Verbildlichung zurückgreifen, zum einen durch digitale Fotomontagen und zum andern durch direkte Gestaltung im Diarahmen. Erzählt wird eine Bilder-Geschichte der Kaiserin Kunigunde. Diese wurde, ebenso wie ich (allerdings mit zweitem Namen) nach ihrer Großmutter Kunigunde genannt. In einer Diaschau wird das Leben Kunigundes und Heinrichs II. mittels Bildern aus Archiven und frei gestalteten Bildern stichpunktartig erzählt. Die Tatsache, dass das Paar keine Nachkommen bekommen konnte, hatte einen wesentlichen Einfluss auf die Stadt Bamberg: Kunigunde und Heinrich gründeten ein Bistum und setzten dieses als Erbe ein. Dieses Erbe wurde reich beschenkt mit allem, was damals sehr wertvoll war: mit Reliquien, Besitztümern, Handschriften, einer bedeutenden Kathedralschule und nicht zuletzt mit zeitgenössischer Kunst.


Maria Söllner

Maria Söllner
Werkreihe: pixeln

Farbe, Farbflächen lösen sich auf in Farbpunkte, Farbpixel; winzige Pünktchen oder größere Tupfen – mit Acryllack aufgesprüht – bedecken die Malfläche, mal dicht, mal locker verstreut. Helle Farben treten hervor, dunkle versinken im Untergrund; eine zweite Ebene entsteht, ein Darüber und ein Darunter, eine Leichtigkeit oben, eine Festigkeit unten. Es entsteht der Eindruck des Schwebens, des völligen Losgelöstseins vom Untergrund, ein Tanz, ein Spiel mit winzigen Farbpartikeln.